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Der Weg zur Nahrungsmittelsicherheit

01.09.2011
Eine Aufnahme aus dem Jahr 1963: Taiwanerinnen machen mit Weizenmehl aus US-amerikanischer Nahrungsmittelhilfe Nudeln. Durch die Lieferungen aus Amerika wurde Weizen ein wichtiges Grundnahrungsmittel in Taiwan. (Archivfoto)
Als im Jahr 2007 rund um den Erdball die Preise für Grundnahrungsmittel scharf anstiegen, fühlte sich der Bäckereibetreiber Adama Shih, als verliere er den Boden unter den Füßen. „Als Weizen Woche für Woche teurer wurde und mein Lieferant mich ständig drängte, so viel Mehl wie möglich zu horten, kam ich mir vor, als würde ich stranguliert“, erinnert sich Shih, die Stimme von der Sorge jener Zeit umwölkt. Shih betreibt eine Bäckerei im zentraltaiwanischen Landkreis Changhua, in der überwiegend körperlich und geistig behinderte Arbeitskräfte beschäftigt sind. „Ich glaube, jeder möchte das Gefühl haben, die Dinge unter Kontrolle zu haben [wenn man ein eigenes Geschäft betreibt], aber ich hatte offenbar keine andere Wahl, als die Preissteigerungen hinzunehmen“, ergänzt er.

Shihs Gefühl der Verwundbarkeit angesichts der steigenden Kosten für Grundnahrungsmittel reflektiert das Wesen von Taiwans Nahrungsmittelversorgung, weil die Insel stark von der Einfuhr von Weizen, Sojabohnen und Mais abhängig ist. Während Shih noch das Glück hatte, eine kleine Gruppe einheimischer Bauern ausfindig zu machen, die bereit waren, eine besondere Weizenart anzubauen und ihn damit zu beliefern, haben Sorgen wegen Taiwans Nahrungsmittelsicherheit seit 2010 sogar zugenommen, als eine weitere Runde von Preiserhöhungen für Grundnahrungsmittel einsetzte. In diesem Jahr unterstrich Premierminister Wu Den-yih (吳敦義) bei einem Ministertreffen über Preisstabilisierung diese Sorgen und erklärte, die anhaltend hohen Nahrungsmittelpreise würden es notwendig machen, Nahrungsmittelsicherheit so große Bedeutung zuzumessen wie Landesverteidigung.

Laut Warren H. J. Kuo, Professor an der Agronomieabteilung der National Taiwan University (NTU) in Taipeh, kann man das Ausmaß von Taiwans Anfälligkeit für globale Nahrungsmittelkrisen an seiner zusammengefassten Nahrungsmittel-Selbstversorgungsrate ablesen, die in den jüngsten Jahren durchweg um die 32 Prozent betrug. Die Rate errechnet sich auf der Grundlage der Kalorienaufnahme der inländischen Bevölkerung und zeigt an, dass 68 Prozent von Taiwans Nahrungsmittelbedarf durch ausländische Quellen gedeckt wird.

Eine detailliertere Aufschlüsselung durch den Landwirtschaftsrat (Council of Agriculture, COA) ergibt, dass Taiwan zwar bei wichtigeren landwirtschaftlichen Produkten wie Reis, Eier, Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch eine Selbstversorgungsquote von über 80 Prozent aufweist, bei Mais, Weizen und Sojabohnen der Anteil dagegen unter 2 Prozent liegt.

Wandel bei den Vorlieben

Die Ursachen für die extrem geringe Selbstversorgung bei manchen Getreidesorten gehen teilweise auf Veränderungen beim Ernährungsverhalten zurück. Die Reisbauern der Insel erzeugten lange Zeit genug Getreide, um den inländischen Bedarf zu decken, doch laut Kuo veränderten sich durch Nahrungsmittelspenden zwischen 1949 und 1965 aus den USA, darunter Weizen und andere Güter, Taiwans Ernährungsvorlieben weg vom Schwerpunkt Reis hin zu nahezu ausgeglichener Vorliebe für Reis und Weizen. Heutzutage essen mehr Menschen Weizenprodukte, doch die meisten Weizensorten gedeihen in Taiwans heißem Klima nicht gut, woraus sich ein unverkennbares Selbstversorgungsproblem ergibt.

Eine wachsende Vorliebe für Fleisch wirkte sich ebenfalls auf Taiwans Nahrungsmittel-Selbstversorgung aus. „Zunehmender wirtschaftlicher Wohlstand bewirkte einen steigenden Fleischkonsum in unserer Ernährung“, analysiert Yu Sheng-feng, stellvertretender Generaldirektor des Landwirtschafts- und Nahrungsmittelamtes im COA. „Das hat für die Frage unserer Nahrungsmittelversorgung größere Folgen als sonst ein anderer Faktor.“ Nach Yus Auskunft importiert Taiwan jedes Jahr im Schnitt 5 Millionen Tonnen Mais und 2 Millionen Tonnen Sojabohnen als Viehfutter.

Wenn man die Ursachen hinter der außerordentlich geringen Selbstversorgung des Landes bei Weizen, Sojabohnen und Mais untersucht, wird gelegentlich auf Taiwans Aufnahme in die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) im Jahre 2002 verwiesen. An der Oberfläche erscheint das Sinn zu machen, da die Bestimmungen der WTO von Taiwan verlangten, die Märkte für beim Preis wettbewerbsfähige Importe einschließlich Nahrungsmittel zu öffnen. WTO-Bestimmungen führten auch zur Senkung von Zöllen, Subventionen, Anreizen und anderen Formen von Schutzmaßnahmen für den Markt. Yu bewertet die Auswirkungen der WTO allerdings als recht gering. Seine Einschätzung wird von COA-Statistiken gestützt, denn 2001, ein Jahr vor Taiwans Beitritt zur WTO, betrug die Selbstversorgungsrate des Landes bei Mais 2,4 Prozent, bei Weizen und Sojabohnen lag der Prozentsatz gar bei Null. Bis 2009, nach sieben Jahren WTO-Mitgliedschaft, hatten sich die Zahlen kaum verändert, da Taiwans Selbstversorgung bei Mais 2 Prozent betrug und der Prozentsatz von Weizen und Sojabohnen bei Null verblieben war.

Die Anforderung an Taiwan, Reisimporte zu gestatten, war vor der Aufnahme in die WTO eine emotionale Angelegenheit, in manchen Kreisen ist das heute noch ein heißes Eisen. Yu macht indes darauf aufmerksam, dass die 144 720 Tonnen Reis, die jedes Jahr eingeführt werden, belanglos wirken im Vergleich mit den Millionen Tonnen Mais und Sojabohnen, die als Viehfutter importiert werden, um den wachsenden Fleischhunger auf der Insel zu stillen.

Tatsächlich ist Taiwans hohe Abhängigkeit von anderen importierten Getreidesorten als Reis in erster Linie das Ergebnis von Taiwans relativem Kostennachteil bei der Produktion von Nicht-Reis-Getreide auf dem Weltmarkt. Kuo nennt das Beispiel, dass taiwanische Bauern in den fünfziger und sechziger Jahren Erdnüsse zur Speiseölerzeugung und Yams als Viehfutter anbauten. Nach dem Beginn des Wirtschaftsaufschwungs und der engeren Einbindung Taiwans in die Weltwirtschaft begannen Speiseölproduzenten billigere Sojabohnen einzuführen, während die Bauern importierten Futtermais als Ersatz kauften. Infolgedessen wurde der Anbau von Erdnüssen und Yams größtenteils aufgegeben.

Gleichzeitig hatten Veränderungen beim Ernährungsverhalten das Ergebnis, dass immer mehr Menschen anstatt Reisprodukten Weizenprodukte konsumierten, weswegen der COA nach Überschüssen bei der Reisproduktion in den siebziger Jahren 1984 Bauern, die ihre Felder mindestens eine Erntesaison im Jahr brach ließen, eine Brachland-Subvention zahlte. Diese Subvention gibt es heute noch, wobei man den Bauern pro Erntesaison bis zu 45 000 NT$ (1097 Euro) oder 90 000 NT$ (2195 Euro) im Jahr bei zwei Ernteperioden pro Hektar Land, das in gutem landwirtschaftlichen Zustand gehalten wird, zahlt. Diese Subventionen gelten auch für Land, auf dem Bauern lediglich „grüne Dünger“-Pflanzen anbauen, um den Boden zu bereichern, sowie für Land, das abgesehen von Routine-Pflügen, mit dem man das Produktionspotenzial beibehält, nicht bebaut wird.

Ebenfalls im Jahr 1984 verfügte die Regierung eine Preisgarantie-Maßnahme, um Bauern zu ermuntern, vom Reisanbau umzusteigen auf die Kultivierung einer Reihe anderer Anbaupflanzen, die knapp waren, darunter Mais und Sojabohnen. Im Rahmen dieses Planes können Bauern vorgesehene Anbaupflanzen zu einem garantierten Preis an den COA verkaufen, falls die Marktpreise unter dieses Niveau fallen.

Durch die finanzielle Unterstützung der Regierung konnte die einheimische Sojabohnen- und Maiserzeugung nach Inkrafttreten des Programms eine Zeitlang angehoben werden, enthüllt Kuo, doch mit der Zeit verloren die Anreize bei den Bauern größtenteils ihre Anziehungskraft. Natürlich würden sich mehr Bauern an dem Programm beteiligen, wenn die Regierung die Anreize kontinuierlich anheben würde, doch wären die Kosten untragbar. „Die finanzielle Belastung für den Staat wäre zu schwer, wenn wir bei dem [Preisgarantie-] Programm keinen Deckel aufgesetzt hätten“, begründet Yu vom COA.

Bauern bei der Ernte von Taglilien im Landkreis Hualien. Taiwans warmes Klima eignet sich hervorragend für den Anbau vieler Obst- und Gemüsesorten, dafür gedeiht Weizen besser in anderen Ländern mit kühleren Temperaturen. (Archivfoto)

Ein Schlüsselhindernis

Taiwans höhere Produktionskosten sind nach wie vor ein entscheidendes Hemmnis, das verhindert, dass einheimische Bauern gegen Importe konkurrieren können, so Kuo. Der Hauptfaktor hinter den Kosten ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit, welche man in Taiwans Landwirtschaft durch Massenproduktion erzielen müsste, und dieses Problem ist nach Kuos Worten auf den hohen Zersplitterungsgrad bei Landeigentum zurückzuführen. Landwirtschaftliche Betriebe haben in Taiwan meist einen kleinen Umfang, die durchschnittliche Größe eines Hofes je Bauernhaushalt beträgt laut einer COA-Statistik aus dem Jahr 2008 lediglich 1,1 Hektar. Dadurch wird bei einheimischen Pflanzern von Weizen, Sojabohnen und Mais der Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Maschinen schwierig, und sie können beim Preis nicht mit den Riesen-Farmbetrieben wie denen in Nordamerika mithalten. Gleichzeitig gibt es für Bauern wenige finanzielle Anreize, ihr brachliegendes Land für den Anbau solcher Pflanzen zu nutzen, da billigere Importe verfügbar sind und sie die großzügige Brachland-Subvention in Anspruch nehmen können. Das Resultat: Weizen, Sojabohnen und Mais verschwinden fast vollständig von Taiwans Feldern, während mehr Ackerland nicht mehr bestellt wird.

Laut COA-Statistiken wurde 2009 etwa ein Viertel von Taiwans landwirtschaftlich bebaubarem Land — über 220 000 Hektar — nicht zum maximalen Ausmaß genutzt, also mit mindestens zwei Ernten im Jahr. Diese Zahl ist fast fünf Mal so hoch wie die Fläche untergenutzten Landes im Jahr 1984.

Nach Auskunft von Yu liegen von diesen 220 000 Hektar untergenutzten Landes 60 000 Hektar komplett brach. Als Reaktion darauf hat die von Staatspräsident Ma Ying-jeou (馬英九) eingesetzte Regierung der Republik China der Revitalisierung dieser brachliegenden Felder Priorität eingeräumt. „Seit 2008 haben neue Ansätze wie das Programm ,Kleine Grundbesitzer, große Pachtbauern‘ wie auch das Projekt der Vertrags-Landwirtschaft für Futtermais 5225 Hektar aufgegebenes Ackerland wieder der Produktion zugeführt“, enthüllt Yu. „Das anfängliche Ziel lautet, die zusammengefasste Nahrungsmittel-Selbstversorgungsrate des Landes von 32 Prozent auf 34 Prozent zu steigern.“

Im Rahmen des Programms „Kleine Grundbesitzer, große Pachtbauern“ erhalten Landbesitzer 100 000 NT$ (2439 Euro) pro Hektar und Jahr für das Verpachten ihres Landes, legt Yu dar. „Pachtbauern zahlen lediglich ein Zehntel dieses Betrages [als Pacht], der Rest wird von der Staatskasse übernommen, und zwar mit dem Geld, das der Staat spart, weil der Grundbesitzer gemäß der Brachland-Politik keine Zahlungen erhält. Auf diese Weise wird das attraktiver als die 90 000 NT$ Brachland-Subvention für Landbesitzer, vor allem wenn man bedenkt, dass sie davon in der Regel 20 000 NT$ (487 Euro) aufwenden, um die Fruchtbarkeit der Scholle aufrechtzuerhalten oder grüne Düngerpflanzen anbauen.“

Das Programm „Kleine Grundbesitzer, große Pachtbauern“ ist für die Pachtbauern gleichermaßen vorteilhaft, versichert Yu. Neben niedrigen Pachtkosten ging der COA noch einen Schritt weiter und bietet ihnen zinsfreie Darlehen für die zu zahlende Pacht in Höhe von 10 000 NT$ (243 Euro) sowie günstige Zinssätze, die mitunter nicht höher sind als ein Prozent, für Kredite zur Deckung der Betriebskosten, zählt er auf.

Während das Programm das Ziel hatte, größere und damit wirtschaftlichere Anbaubetriebe zu schaffen, wurde damit im Endeffekt vor allem erreicht, dass eine neue Generation jüngerer Kleinbauern dazu bewogen wurde, Land zu bebauen, das von älteren Bauern aufgegeben worden war. Infolgedessen wurde unbenutztes Ackerland reaktiviert, was Taiwans landwirtschaftliche Produktion steigerte.

Unterdessen begann der COA im Jahre 2009, zur Förderung des Maisanbaus als Quelle für Viehfutter Bauern einen Vertragslandwirtschafts-Zuschuss in Höhe von 45 000 NT$ pro Hektar und Erntesaison anzubieten, außerdem garantierte man ihnen, den gesamten Ertrag für einen Preis von 8 NT$ (0,19 Euro) pro Kilo abzunehmen. „Im Schnitt bringt ein Hektar Land in einer typischen Saison 6000 Kilo Futtermais, woraus sich Einkünfte in Höhe von 48 000 NT$ (1170 Euro) ergeben“, kalkuliert Yu. „Wenn man die Subventionen von 45 000 NT$ dazurechnet, bringt das Programm den Maisbauern insgesamt 93 000 NT$ (2268 Euro) je Saison und Hektar. Das sind 3000 NT$ (73 Euro) mehr als bei der älteren Version unserer Futtermais-Belohnungspolitik, die seit 1984 galt und für jede Maisproduktion lediglich einen Garantiepreis von 15 NT$ (0,36 Euro) bot.“ Da die neue Futtermais-Subventionierung aber erst seit knapp zwei Jahren in Kraft ist, ist es noch zu früh, um zu beurteilen, ob sie die einheimische Viehfutterproduktion steigern konnte, gibt Yu zu bedenken.

Zurück auf den Esstisch

Zusätzlich zur Anregung einer vermehrten Versorgung bei der landwirtschaftlichen Produktion arbeitet der COA nach Yus Worten auch daran, die Nachfrage zu erhöhen, besonders nach Reis. Damit mehr Reis gegessen wird, wirbt die Regierung für Reis als Speise und rät dazu, anstatt Weizenmehl Reismehl zu verwenden. „Mit Hilfe des China Grain Products Research and Development Institute [in Taipeh] haben wir eine Art von Reismehl entwickelt, mit dem man Brot und Nudeln machen kann, die genauso gut schmecken wie entsprechende Produkte aus Weizenmehl“, freut sich Yu. „Wenn wir die Menschen dazu bringen können, jeden Tag einen Mundvoll Reis mehr zu essen, dann könnten wir in einem Jahr 5600 Hektar brachliegendes Ackerland revitalisieren und die zusammengefasste Nahrungsmittel-Selbstversorgungsrate des Landes um 0,24 Prozent erhöhen.“

Mit Blick auf die Zukunft weist Kuo darauf hin, dass es für Taiwan in 15 Jahren problematisch werden könnte, wenn es nicht gelingt, ein höheres Maß an Nahrungsmittel-Selbstversorgung zu erzielen. „Zunehmende Wirtschaftsaktivität wird den weltweiten Bedarf für Energie in die Höhe treiben, besonders in Entwicklungsländern“, warnt er. „Wenn die Nachfrage nach Öl größer wird als das Angebot und die Ölpreise nach oben klettern, werden auch die Nahrungsmittelpreise wegen der höheren Produktionskosten für Treibstoffe und chemische Dünger wesentlich steigen.“

Durch höhere Ölpreise wird zudem Transport teurer, fügt Kuo hinzu. „Wenn das geschieht, wird Taiwan viel mehr für [importierte] Nahrungsmittel zahlen müssen“, seufzt er. „Noch schlimmer wäre es, dass Länder, in denen Nahrungsmittel angebaut werden, wahrscheinlich nicht länger bereit wären, ihr Getreide ins Ausland zu verkaufen, wenn die landwirtschaftliche Produktion wegen der steigenden Kosten einbricht.“

Der Klimawandel könnte gleichfalls zu einer Bedrohung für Taiwans Nahrungsmittelsicherheit werden. Laut Lur Huu-sheng, Professor an der NTU-Agronomieabteilung und auf dieses Thema spezialisiert, sind die meisten Nahrungsmittelengpässe, die in der Welt vorkamen, auf Veränderungen bei Temperaturen und Niederschlägen sowie Pflanzenkrankheiten zurückzuführen. „Deswegen arbeitet unsere Regierung an Plänen, die Landwirtschaftspolitik anzupassen, um die möglichen Folgen durch den Klimawandel abzuschwächen“, sagt Lur. „Durch diese Maßnahmen sollte das Land wiederum besser in der Lage sein, seine Nahrungsmittelversorgungsprobleme zu lösen.“

Nach Lurs Ausführungen hat der COA Mitte des vergangenen Jahres damit begonnen, Konferenzen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft zu organisieren, und es wurden Ideen aus dem akademischen Bereich und dem privaten Sektor übernommen. Zu den vorläufig skizzierten Plänen zählen angeregte Veränderungen der landwirtschaftlichen Praktiken in Südtaiwan, gemäß denen man in einem Jahr abwechselnd Reis und Futtermais anbaut anstatt zwei Mal hintereinander Reis, um Wasser zu sparen, so Lur. Es werde mehr Pflanzenzüchtungs- und Aussaat-Technologie ins Spiel kommen, etwa die Entwicklung neuer Anbaupflanzen-Sorten, die widerstandsfähiger gegen Pflanzenkrankheiten seien oder weniger Bewässerung bräuchten. Die Regierung hat vor, für die Entwicklung solcher Technologien frühestens ab 2012 ein Budget bereitzustellen, sagt Lur.

Es wird jedoch kostspielig sein, die Lücke bei Taiwans Nahrungsmittelversorgung zu schließen. „Mehr Eingriffe durch den staatlichen Sektor bedeuten höhere Ausgaben von Steuergeldern“, schlussfolgert Lur. „Die größte Frage wird sein, ob die Öffentlichkeit bei dem Problem eine ähnliche Dringlichkeit empfindet wie die Regierung, und ob es ihrer Ansicht nach wert ist, diesen Preis zu zahlen, zumal die Nahrungsmittelpreise bislang nur alle drei bis vier Jahre erhöht wurden.“ Die Regierung sollte das Bewusstsein dafür verbreiten, dass das Problem angegangen werden muss, und dazu müsse man die Öffentlichkeit durch Berichterstattung in den Medien und durch andere Kanäle mit offenen und korrekten Informationen versorgen, drängt Lur, denn dadurch könnten die Menschen besser begreifen, dass Nahrungsmittelsicherheit alle angeht.

Das geschäftliche Credo des Bäckerei-Inhabers Adama Shih ist ein gutes Beispiel für die gemeinsam getragene Verantwortung, für die Lur eintritt. „Ich werde oft gefragt, ob es sich für mich lohnt, anstelle von Importware im Inland erzeugten Weizen zu verwenden“, erzählt er. „Ehrlich gesagt, eigentlich zahlt sich das nicht aus. Aber wenn ich an die Auswirkungen denke, die mein Handeln auf die Motivation einheimischer Bauern haben könnte, dann glaube ich, dass der Deal gut genug ist. Mit der Staatspolitik ist es genauso. Sie sollte nicht nur auf die Zahlen schauen, sondern auch die positiven Veränderungen mit einbeziehen, die sie auf das Leben vieler Bauern haben könnte.“

(Deutsch von Tilman Aretz)

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